Wieviel “Gassigehen” braucht mein Hund?

Gestern veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft seine Vorlage für eine Änderung des Tierschutzgesetztes.

Es geht um Zucht- und Haltungsbedingungen für Hunde sowie eine Änderung der Tierschutztransportverordnung für Nutztiere (auf die ich hier nicht eingehe).

Der tägliche Kontakt mit seinem Menschen und Spaziergänge an der frischen Luft oder das gemeinsame Spielen im Garten – mehr verlangt Ministerin Julia Klöckner gar nicht in ihrer Gesetzesvorlage zur Hundehaltung.

Ich beobachte seit gestern einen Aufschrei von Hundeliebhabern in diversen Facebook-Gruppen, die übel auf die zuständige Ministerin Julia Klöckner verbal einprügeln, man regt sich auf über 2 Stunden Gassigehen für Welpen, Hundesenioren oder kranke Hunde, man dürfe seine Hunde nicht mehr in der Wohnung alleine lassen während man seiner Vollzeitbeschäftigung nachgeht und überhaupt: Die Ministerin wolle uns vorschreiben, wie wir mit unseren Hunden umzugehen haben – die hat doch keine Ahnung von Hunden, mutmaßen unzählige Kommentarschreiber.

Ich war lange genug bei der Zeitung tätig um zu wissen: Erst mal die Fakten recherchieren und dann kommentieren. Also habe ich mir die Pressemitteilung nicht nur von der Seite des Ministeriums heruntergeladen, sondern diese auch vollständig gelesen.

Was jeden Hundehalter angeht sind die folgenden Änderungen, die ich hier einfach mal vollständig aus dem vorliegen Entwurf kopiere:

Um unzureichende Haltungsbedingungen zu vermeiden, werden die geltenden Anforderungen an die Hundehaltung konkretisiert.

  • So wird die Anbindehaltung (sog. “Kettenhund”“, nicht das Anleinen) von Hunden grundsätzlich verboten. Sie ist nur noch im Rahmen der Arbeitstätigkeit von Hunden unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
  • Die bereits bestehenden Regelungen zum erforderlichen Auslauf im Freien werden im Hinblick auf Dauer und Häufigkeit konkretisiert. Einem Hund soll demnach mindestens zweimal täglich für insgesamt mindestens eine Stunde Auslauf im Freien (bspw. Spaziergang, Auslauf im Garten etc.) außerhalb eines Zwingers gewährt werden. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Hunden künftig ein ausreichendes Maß an Bewegung und Kontakt mit Umweltreizen geboten wird. Der Vollzug liegt wie im Föderalismus festgelegt bei den Bundesländern.

Quelle: Presseinformation zur Änderung der Tierschutzhunde-Verordnung des Bundeministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 17. August 2020

Das ist schon alles in Bezug auf jeden Hundehalter in Deutschland. Wer Fragen dazu hat kann sich gerne von mir beraten lassen.

Ich begrüße sehr das ebenfalls geplante Ausstellungsverbot für Qualzuchten, die in der Gesetzesvorlage ausführlich beschrieben sind, und hoffe sehr, dass dieses Gesetz dann auch entsprechend durchgesetzt wird. Das dürfte schwierig werden, wenn der VDH da wie bisher nicht mitspielt und weiterhin Hunde ohne Nase, mit verkrüppelten Gliedmaßen und weiteren genetischen Missbildungen als tolle Rassehunde feiert. Warten wir es ab.

Eine Verschärfung für die Hundezucht – gewerbsmäßig und privat – sieht nach der Mitteilung vor, dass sich der Züchter mindestens 4 Stunden am Tag um die Welpen zu kümmern hat. Da sehe ich nun wirklich keinen Grund zum aufregen.

Den letzten Punkt begrüße ich ebenso und das war auch dringend nötig: Der Wolf ist zurück, Landwirte sind bereit Herdenschutzhunde in Deutschland wieder zum Schutz ihrer Tiere einzusetzen. Der erste Gesetzesvorschlag hierzu ist ein Anfang, der den betroffenen Landwirten hilft, diese neue Situation entsprechend umzusetzen:

Spezielle Regelungen für Herdenschutzhunde:

  • Für die besonderen Bedingungen beim Einsatz und der Ausbildung von Herdenschutzhunden vor allem wegen der Wiederansiedelung des Wolfs in Deutschland werden nunmehr spezielle Regelungen getroffen.
  • So wird u.a. klargestellt, dass das Vorhalten einer Schutzhütte beim Einsatz von Herdenschutzhunden nicht erforderlich ist, wenn ein anderer ausreichender Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen zur Verfügung steht.

Quelle: Presseinformation zur Änderung der Tierschutzhunde-Verordnung des Bundeministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 17. August 2020

Also, liebe Hundebesitzer: Macht alles wie bisher, es sei denn euer Hund lebt ausschließlich im Zwinger und kriegt euch nur alle paar Tage zu sehen. Für jeden Hund, der mit seinen Menschen im Haus lebt und täglich an die frische Luft kommt, ändert sich überhaupt nichts. Ich wünsche Euch und euren Hunden weiter viel Spaß am gemeinsamen Leben und Erleben.

Wer darüber hinaus gerne etwas tun möchte: Die Tierheime werden mehr Gassigänger brauchen! Fragt im Tierheim bei Euch vor Ort einfach nach, ob ihr da helfen könnt.


Ein Gedanke zu “Wieviel “Gassigehen” braucht mein Hund?

  1. Für Hundehalter ändert sich auch dann was, wenn sie den Hund während ihrer Berufstätigkeit längere Zeit alleine zuhause lassen. Dann ist eine Betreuung erforderlich.

    Züchter dürfen nicht mehr als drei Würfe gleichzeitig haben bzw je sachkundigem Betreuer.

    Lustig fand ich folgendes, was ich gestern gelesen habe: Welpen müssen es in den ersten beiden Lebenswochen mindestens 18 Grad warm haben und mindestens einmal täglich Auslauf bekommen.

    Welpen benötigen aber in der ersten Lebenswoche eine Umgebungstemperatur von 30 Grad, weil sie keine eigene Thermoregulierung haben. Danach wird die Temperatur langsam jeden Tag gesenkt.
    Und in den ersten beiden Lebenswochen wird`s mit Auslauf schwierig, weil sie nämlich noch gar nicht laufen können 🙂

    Ob Fehler in der Pressemitteilung oder tatsächlich so verzapft, habe ich nicht recherchiert.

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